Mein letztes Amtsjahr als Präsident des Spitalrats ist von der Pandemie überschattet. Als grösste Institution im Zürcher Gesundheitswesen war und ist das USZ hierbei ausserordentlich stark gefordert. Ich bin stolz auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den Herausforderungen dieser Krise hochprofessionell begegnen. An dieser Stelle möchte ich ihnen im Namen des Spitalrats für den unermüdlichen Einsatz der letzten Monate im Dienst unserer Patientinnen und Patienten von Herzen danken.
Geprägt war das Jahr 2020 am USZ aber nicht nur vom Coronavirus, sondern auch von Vorkommnissen in drei Kliniken, die medial so viel Raum eingenommen haben, dass sie für die ganze Organisation und für mich persönlich zu einer grossen Belastung wurden. Die durch den Spitalrat eingeleiteten externen Untersuchungen sind mittlerweile abgeschlossen. Die Erkenntnisse daraus haben zu Massnahmen geführt, die zum Teil bereits umgesetzt sind. Es wird aber eine Aufgabe von Spitalrat und Spitaldirektion bleiben, die Empfehlungen auch aus den externen Berichten aufzunehmen und das USZ weiterzubringen.
Bis Anfang 2020 hatte sich das USZ sehr gut entwickelt, über die letzten Jahre wurden regelmässig Gewinne erwirtschaftet und zahlreiche Meilensteine für die Gesamterneuerung erreicht. Die Pandemie führte aber zu einem finanziellen Einbruch und das USZ muss einen Verlust schreiben. Dennoch sind wir gemäss unserer strategischen Zielsetzung nach wie vor auf Kurs und haben auch in diesem anspruchsvollen Jahr viel erreicht. Was wir über Jahre vorbereitet und geplant hatten, trägt Früchte.
Neue Unternehmensstrategie als Basis
Im Rückblick auf meine Amtszeit kommt der Entwicklung der USZ-Strategie 2025 wesentliche Bedeutung zu. Sie legte den Grundstein für die Neuausrichtung, sowohl in Bezug auf die konsequente Trennung von ambulanter und stationärer Medizin als auch in Bezug auf die Umsetzung der Gesamterneuerung und die stetige Ausrichtung auf das Patientenwohl.
Die Entwicklung der Strategie haben wir in einem partizipativen Dialog über sämtliche Hierarchiestufen hinweg vorangetrieben. Vorreiter in der Spitzenmedizin – dies unser Anspruch an uns selbst – kann das USZ nur sein, wenn die Organisation funktioniert und alle Disziplinen gut zusammenarbeiten. Für den Spitalrat wesentlich war die damit verbundene Entwicklung eines Zielerreichungssystems, das es uns erlaubt, die Strategieumsetzung systematisch weiterzuverfolgen.
Gesamterneuerung USZ: ein Generationenprojekt
Der Grundsatzentscheid für die Gesamterneuerung nahm seinen Anfang bereits vor meiner Zeit, mit einem Entscheid des Regierungsrats im September 2011. Damals wurde auch beschlossen, auf dem Campus zu bleiben. In drei Bauetappen sollte das USZ über 30 Jahre eine angemessene Infrastruktur erhalten. Unsere Aufgabe war es in der Folge, eine kluge, flexible Rochade-planung für den Neubau bei laufendem Betrieb zu erarbeiten. Die etappenweise Entwicklung hat den Vorteil, dass neueste Erkenntnisse aus der Medizin und veränderte Bedürfnisse über die Etappen in die Planung einfliessen können. Für die erste Etappe konnte erfolgreich ein Wettbewerb durchgeführt werden. Die Reaktion der Öffentlichkeit und des Quartiers auf das Resultat des Wettbewerbs fiel sehr positiv aus. Ein derart umfassendes Bauprojekt im Herzen der Stadt Zürich ist anspruchsvoll und es ergeben sich dabei auch Zielkonflikte. Eine der zentralen Aufgaben bestand darin, mit den unterschiedlichen Behörden und Interessenvertretungen die Rahmenbedingungen für die räumliche Entwicklung zu verhandeln, aber auch die Anliegen des USZ in politische Prozesse einzubringen. In dieser Hinsicht kamen mir meine langjährige politische Erfahrung und die Vernetzung mit der Stadt und dem Kanton Zürich zugute.
Einen Meilenstein haben wir durch die Verhandlungen mit dem Zürcher Heimatschutz erreicht. Unterschiedliche Auffassungen und Interessen hatten die Bautätigkeiten während einiger Zeit blockiert. Schliesslich konnten wir eine Einigung erzielen, die es uns erlaubte, den Modulbau im Spitalpark zu realisieren, ein wesentliches Element für die Gesamterneuerung. Die intensiven Gespräche und der offene Dialog haben gezeigt, dass das USZ ein verlässlicher Partner ist.
Ein weiterer wichtiger Schritt war die Übertragung der Immobilien im Baurecht an das USZ sowie die Entlassung des USZ aus dem kantonalen Finanzhaushalt. Ermöglicht wurde dies dank der Revision des USZ-Gesetzes durch den Kantonsrat. Damit verfügt das USZ nun über den notwendigen Handlungsspielraum, um selbstständig planen zu können.
Externe Standorte für zahlreiche Dienstleistungen
Die Erneuerung im Zentrum und die dafür notwendige Rochade im Kernbereich funktionieren nur, wenn wir verschiedene Bereiche an externe Standorte verlagern. Das war schon früh klar. In der Folge haben wir in Schlieren einen eigentlichen Forschungsschwerpunkt gebildet, der noch weiter ausgebaut wird. Die Planung des Ambulatoriums am Flughafen unterstützt die forcierte Trennung zwischen ambulanten und stationären Patientenströmen, auch dies ein strategisches Ziel. Und als Konsequenz aus der Strategie mit mehreren Standorten haben wir das Zentrallager und die Aufbereitungsanlage für Medizinprodukte ebenfalls nach Schlieren verlagert. Schliesslich wurde das Zentrum mit der Anmietung von Büroflächen in Stettbach für 600 administrative Arbeitsplätze zusätzlich entlastet.
Die Basis für all diese Veränderungen haben wir vor Jahren gelegt. Am USZ wurde inzwischen bei laufendem Betrieb mehr gebaut und verändert als bei vielen Spitälern, die neu gebaut haben. Die Leistung der Mitarbeitenden auf allen Stufen, ihr Engagement und ihre Flexibilität sind umso mehr zu würdigen. Mit Blick auf die vergangenen Jahre darf ich auch sagen, dass sich bisher die strategischen Überlegungen von Spitalrat und Spitaldirektion als ziel- und zukunftsgerichtet erwiesen haben.
Ausschüsse für qualitative Entscheidungsgrundlagen
Die Aufgaben des Spitalrats USZ sind spannend, extrem breit gefächert und entsprechend herausfordernd. Es war mir deshalb ein persönliches Anliegen, dass auch der Spitalrat selbst optimal aufgestellt ist, um diesen Anforderungen zu begegnen. Wir haben daher verschiedene Ausschüsse gebildet, um Themen zu vertiefen und zu schärfen. Angesichts der Komplexität der Geschäfte und Projekte haben uns diese Strukturen geholfen, schnell und effizient zu arbeiten. Den Spitalratsmitgliedern möchte ich für ihr tatkräftiges Engagement danken.
Auch die Gesamtorganisation USZ hat sich über die vergangenen Jahre angepasst und wird sich weiter verändern. Wichtig mit Blick auf die Zukunft war insbesondere die Stärkung der Direktion Pflege und MTTB, die seit 2018 mit zwei Direktorinnen in der Spitaldirektion vertreten ist und damit der grössten Berufsgruppe am USZ und ihrer Bedeutung das ihnen zustehende Gewicht verleiht. Aktuell läuft ein Prozess für die Stärkung der ärztlichen Direktion, die aufgrund der gemachten Erfahrungen neu ausgerichtet werden soll. Ganz wesentlich war aber auch die Etablierung des HRM als eine eigene Direktion. Ein Spital lebt von seinen Mitarbeitenden und mit dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel ist diesem Thema grosse Bedeutung einzuräumen.
Chancengleichheit für Spitzenleistungen
Ein Anliegen, das mir immer am Herzen lag, ist die Gleichstellung und die damit verbundene Förderung der Chancengleichheit im Kader. Das USZ braucht neue Talente, die Spitzenleistungen des USZ weiterhin ermöglichen. Für diese Talente müssen wir ein Umfeld bieten, in dem sie sich entwickeln können. Hier sind sowohl das USZ als auch die Universität stark gefordert.
Diesbezüglich muss sich noch mehr bewegen. Die personalrechtlichen Bedingungen müssen angepasst, die Anforderungen bei den Laufbahnen gerade für Frauen modernisiert werden. Dazu gehören auch Überlegungen zu neuen Führungsmodellen. Nur so werden wir das vorhandene Potenzial nutzen können.
Einiges wurde diesbezüglich im USZ bereits angestossen, aber der Weg ist noch weit und ich hoffe und wünsche mir, dass dieser mit der nötigen Konsequenz weiter beschritten wird, auch von der Universität.
Kooperationen und Partnerschaften
Das USZ ist Teil eines Geflechts von Partnerschaften und Kooperationen. Dazu zählen neben Universität (UZH) und ETH Zürich auch andere Spitäler. Den Austausch mit diesen Institutionen zu pflegen und Diskussionen zu führen, gehört ebenfalls zu meiner Aufgabe.
Besonders freue ich mich über die Einigung, die wir mit der UZH in Bezug auf die Finanzierung von Forschung und Lehre im vergangenen Jahr erzielen konnten. Die UZH erhöht ihren Beitrag, sodass das USZ künftig für Forschung und Lehre kein Defizit mehr schreiben muss. Andere Diskussionen, etwa zu den personalrechtlichen Abhängigkeiten, werden weitergeführt werden müssen.
Wichtig ist mir auch die persönliche Pflege der Beziehungen zu anderen Spitälern. Wir sind auf die Zusammenarbeit mit diesen Partnern angewiesen. Das USZ konkurrenziert keine Regionalspitäler, sondern entwickelt den spezialisierten und hochspezialisierten Bereich weiter. Hierfür ist die Kooperation mit kleineren und grösseren regionalen und überregionalen Spitälern wesentlich. Über die letzten Jahre konnten wir zahlreiche Partnerschaften aufbauen, zum Beispiel mit den Stadtspitälern Waid und Triemli oder den Spitälern Uster und Männedorf.
Die Stärke liegt in der Zusammenarbeit
Mit dem Gesundheitswesen habe ich eine neue Welt mit ihrer eigenen Kultur kennengelernt. Sich darauf einzulassen ist herausfordernd und bereichernd. Einiges ist in den vergangenen Jahren gelungen, einiges konnten wir in Bewegung setzen. Voraussetzung dafür war und ist die hervorragende Zusammenarbeit im Spitalrat – Menschen, die geholfen, sich engagiert, mitdiskutiert und die schliesslich Entscheide gefällt und mitgetragen haben.
Das Corona-Jahr und die Pandemie prägen die letzte Phase meines Amts für das USZ. Es hat vieles sichtbar gemacht: Funktionierendes, aber auch Widersprüche und Fehlanreize. Besonders augenfällig war, wie stark sich die Mitarbeitenden eingebracht haben, wenn es darum ging, Menschen zu retten. Diese Haltung gilt es zu pflegen und zu bewahren, auch in «normalen» Zeiten. Denn diese intrinsische Motivation ist eine Voraussetzung für die Arbeit an der Kultur des Zusammenarbeitens, die das USZ anstrebt. Zugleich hoffe ich, dass die breite Erkenntnis, dass die gesetzlichen Grundlagen des USZ Fehlanreize setzen, zu einer Veränderung führt. Nur so wird sich das Zusammenspiel der verschiedenen Disziplinen deutlich verbessern.
Die Zeit, in der ich die Geschicke des USZ mitlenken durfte, war anregend und bereichernd. Ich konnte Veränderungen dieses grossartigen Unternehmens begleiten und einiges in die Wege leiten. Die Bauvorhaben der nächsten Jahre, der strategische Anspruch auf Qualitätsführerschaft, aber auch Veränderungen in der Organisation werden dem Spital und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch vieles abverlangen. Das gibt mir die Gelegenheit, dem Vorsitzenden und den Mitgliedern der Spitaldirektion für die Zusammenarbeit zu danken und ihnen alles Gute bei ihrem weiteren Wirken am USZ zu wünschen.