Berichte 2019

Delirmanagement

Das Erkennen von Delirrisiken und die Vermeidung von Delirien sind bedeutsame Faktoren für die Patientensicherheit, da Delirien die Patientensicherheit (Sturz, Ziehen von Drains usw.) und den Verlauf der Rekonvaleszenz gefährden können. Um den Betroffenen eine bestmögliche Betreuung zu ermöglichen, ist gerade in komplexen, sich schnell verändernden Patientensituationen eine interprofessionelle Zusammenarbeit notwendig. Sie ist eine unabdingbare Voraussetzung für die patientenorientierte Betreuung. Bei Patient*innen mit einem Delir zeigen sich unmittelbare Konsequenzen eines fehlenden interprofessionellen Informationsaustausches und somit mangelnder Zusammenarbeit deutlich. 

Das Delir ist bei stationären Patient*innen eine häufige Komplikation und durch Störungen des Bewusstseins, der Orientierung und der Wahrnehmung gekennzeichnet. Man geht davon aus, dass rund 10 bis 15 Prozent der Patient*innen auf chirurgischen Stationen und etwa 15 bis 25 Prozent der Patient*innen auf internistischen Stationen sowie 30 bis 40 Prozent aller Patient*innen über 65 Jahre im Verlauf ihres stationären Aufenthaltes ein Delir entwickeln. Bei bestimmten Erkrankungen sind Delire besonders häufig: Verbrennungen 20 bis 30 Prozent, AIDS 30 Prozent, Herzoperationen 70 Prozent, Hüftgelenksoperationen nach Fraktur 40 bis 50 Prozent.

Zustandsbild Delir

Man unterscheidet zwischen dem hyperaktiven Delir, bei dem Unruhezustände, ungeduldige und teilweise aggressive Reaktionen die psychomotorische Aktivität erhöhen, und dem hypoaktiven Delir, das durch eine generelle Verlangsamung mit ruhigem, apathischen Erscheinungsbild gekennzeichnet ist. Beide Zustandsbilder können im Wechsel auftreten, ein gemischtes Delir ist die häufigste Form. Bei Betroffenen kommt es häufig zu Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus bis hin zu dessen Umkehr. Auch affektive Symptome wie Depression, Angst oder erhöhte Reizbarkeit können begleitend auftreten. Die Ursachen sind meist multifaktoriell. Bei älteren Patient*innen im Spital ist das Delir eine häufige Komplikation der Akutbehandlung, die auf die nachlassende Kompensations- und Anpassungsfähigkeit des Gehirns und auf unterschiedliche Auslöser zurückzuführen ist. Sehr häufige Auslöser sind Infekte wie Harnwegsinfekte oder Pneumonien, aber auch Blutzuckerschwankungen, Exsikkose (Austrocknung des Körpers bei starkem Flüssigkeitsverlust) und Sauerstoffmangel im Blut. Speziell bei älteren Patient*innen kann ein Delir auch durch Medikamente beziehungsweise Polymedikation induziert werden.

Früherkennung und Frühbehandlung von Delirien – das A und O

Im stationären und ambulanten Bereich ist die Erkennung von Delirien bedeutsam, da es sich beim Delir um einen medizinischen Notfall handelt, der sofortiger Behandlung bedarf. Denn je länger ein Delir dauert, desto gravierender sind die Folgen wie die Verschlechterung von Selbstpflegefähigkeiten oder die Beschleunigung von demenziellen Entwicklungen. Des Weiteren steigt die Rate der Mortalität bei einem verzögerten Beginn der Delirtherapie. Früherkennung und Frühbehandlung von Delirien sind daher das A und O in der klinischen Praxis.

Am USZ wurde für die Vorbeugung, Früherkennung und Behandlung von Delirien 2013 ein standardisiertes Delirmanagement implementiert. Zu den grundlegenden Instrumenten für die Früherkennung von Delirien zählen die Delirium Observation Scale (DOS) und die Intensive Care Delirium Screening Checklist (ICDSC). Die DOS wird auf Bettenabteilungen, die ICDSC auf Intensivstationen als Screeninginstrument verwendet. Erhöhte Werte deuten auf ein mögliches Delir hin und lösen im Rahmen des Delirmanagements weitere diagnostische Abklärungen aus. Die Umsetzung des Delirmanagements und der Verlauf der erhöhten Werte bei Patient*innen werden am USZ einem kontinuierlichen Monitoring unterzogen. Dabei wird untersucht, wie viele Patient*innen mit den Screeninginstrumenten eingeschätzt werden und wie viele der eingeschätzten Patient*innen erhöhte Werte aufweisen sowie eine bestätigte Delirdiagnose. 

Aktuell liegt der Fokus am USZ stark auf dem Screening. Gemäss Studien und Analysen gehen viele Spitäler davon aus, dass Delirien noch zu wenig erkannt und behandelt werden. Deshalb soll das Underreporting am USZ thematisiert und anhand des Monitorings der Prozessqualität gezielt verbessert werden. Zusätzlich arbeitet das USZ seit Ende 2020 an einem Delir-Leitfaden der Initiative Qualitätsmedizin (IQM) mit.