Hoher Spezialisierungsgrad
Die Zahl der stationären Austritte nahm 2020 um –10.2% oder 4’398 Austritte gegenüber dem Vorjahr ab, nachdem von 2018 auf 2019 noch ein Wachstum von 1.9% zu verzeichnen war. Bei den zusatzversicherten Patient*innen ist ein Rückgang von –13.9% oder 1’219 Austritten zu verzeichnen. Die Anzahl ausländischer Patient*innen ist um –34.0% hinter dem Vorjahr zurückgeblieben und belief sich auf 532. Bei den ausserkantonalen Fallzahlen fiel der Rückgang mit –7.3% um 320 Basispunkte tiefer aus als bei den Zürcher Patient*innen. Für Allgemeinversicherte ohne den Zusatz «Behandlung allgemein ganze Schweiz» bilden die kantonalen Spitallisten noch immer eine Einschränkung bei der freien Spitalwahl. Sofern das USZ nicht auf der Spitalliste des Herkunftskantons aufgeführt ist und kein Notfall vorliegt, müssen Patient*innen die Differenz zwischen der Baserate des USZ und der Referenzbaserate des Herkunftskantons selber zahlen. Die höhere Baserate ist jedoch gerade notwendig wegen komplexer Fälle, die im Pauschalsystem Swiss DRG nicht adäquat abgebildet sind.
Auf sehr hohem Niveau liegt der Schweregrad der am USZ behandelten Patient*innen; der Case Mix Index (CMI) betrugt 2020 1.644 (Vorjahr: 1.589). Multipliziert man den CMI mit der Baserate ergibt sich dadurch der stationäre DRG-Ertrag pro Fall. Hinzu kommen Zu- und Abschläge für die Liegedauer, besonders teure Medikamente und Materialien, Honorare sowie Hotellerie-Leistungen. Die Summe der Schweregrade, das Kostengewicht (Cost Weight oder CW), betrug 63’589 Punkte und lag damit 4’770 Punkte bzw. –7.0% unter dem Vorjahr.
Der hohe CMI und der im Vergleich zu den Zürcher Fällen deutlich geringere Rückgang bei den ausserkantonalen Fällen zeigen die wichtige Rolle, die das USZ im Bereich der spezialisierten und hochspezialisierten Versorgung einnimmt.
Die 10% der Patient*innen mit dem höchsten Schweregrad wiesen einen durchschnittlichen CMI von 7.382 (Vorjahr: 7.108) aus. Sie machten 45.1% (Vorjahr: 44.4%) des gesamten Kostengewichts aus und widerspiegeln den hohen Spezialisierungsgrad am USZ.
Betriebliche Verbesserungen
Im vierten Jahr in Folge konnte die Verweildauer leicht reduziert werden. Dies trotz deutlich höherem Schweregrad der Patient*innen, der sich im Case Mix Index (CMI) ausdrückt. Die durchschnittliche Verweildauer lag mit 6.49 Tagen –0.9% unter dem Vorjahr (6.55 Tage). Der durchschnittliche CMI nahm um 3.5% zu und lag bei rekordhohen 1.644. Die Senkung der Verweildauer bei einer derart starken Zunahme des Schweregrads ist nur dank einer hohen Qualität bei der medizinischen Versorgung und einer grossen betrieblichen Organisation möglich. Zur guten Organisation gehören insbesondere das Ein- und Austrittsmanagement, die Organisation von Übertritten zu anschliessenden Leistungserbringern wie zum Beispiel Rehabilitation sowie eine effiziente Organisation der einzelnen Leistungen (Diagnose, operativer Eingriff, Pflege). Laufend überwacht werden zudem Wechselzeiten zwischen den operativen Eingriffen, Wartezeiten im Notfall und Auslastungen von Betten und Grossgeräten. Dadurch entfallen für die Patient*innen auch unerwünschte Wartezeiten. Der echte und jederzeit drohende Mangel an verfügbaren Betten und Ressourcen in der Corona-Pandemie hat den Druck auf einen raschen Austritt oder Übertritt in eine nachbehandelnde Institution verstärkt. Die enge Zusammenarbeit und die gute Beziehung zu diesen Institutionen haben sich in der Krise sehr bewährt. Ebenso trägt die hohe diagnostische und therapeutische Qualität zu einer kurzen Verweildauer bei. Im Fokus stehen hier die umfangreichen Anstrengungen des USZ, die nosokomiale Infektionsrate tief zu halten und weiter zu senken.
Herausforderung Tarife und Regulierung
Auch im achten Jahr nach Einführung der neuen Spitalfinanzierung und des Tarifsystems SwissDRG werden viele komplexe Behandlungen im System der Fallpauschalen nach SwissDRG nach wie vor nicht hinreichend abgebildet. Am USZ treten überdurchschnittlich viele Fälle mit grossem Defizit auf, d. h. Fälle mit einem Defizit grösser als CHF 30’000. Zudem werden auch die Verbunds- und Vorhalteleistungen, die beim Endversorgerspital anfallen, im System SwissDRG nicht ausreichend abgebildet. Die bisher durch die Swiss-DRG AG getroffenen Massnahmen vermögen dieses Problem noch nicht zufriedenstellend zu lösen. Der Bundesrat und der Verwaltungsrat der SwissDRG AG haben das Problem erkannt und auf die Notwendigkeit differenzierter Baserates für die verschiedenen Spitalkategorien hingewiesen. Das USZ hat dazu in den vergangenen Jahren umfassende Studien publiziert.
Daraus ergeben sich auch weitreichende Folgen für die stationären Tarife des USZ. Für das Jahr 2020 konnten zwar provisorische Verlängerungen von Verträgen erwirkt werden. 2021 stehen jedoch erneute Tarifverhandlungen an, und es drohen neue Festsetzungsverfahren. Noch gänzlich offen bis zurück auf das DRG-Einführungsjahr 2012 ist eine Lösung mit dem Versicherer Groupe Mutuel. Viele Versicherer fordern eine tiefere Baserate und verweisen dabei auf das Ende der sogenannten Einführungsphase SwissDRG. Es ist jedoch fraglich, ob es ohne Begleitmassnahmen für grosse Endversorgerspitäler je ein Ende der Einführungsphase geben wird. Ohne eine höhere Baserate wäre das wirtschaftliche Überleben der grossen Endversorgerspitäler mit den überdurchschnittlich vielen Hochdefizitfällen unmöglich. Die Forderung nach einer höheren Baserate erfolgt also keineswegs aufgrund von Ineffizienzen, sondern ist den speziellen Anforderungen an eine hochstehende medizinische Versorgung für komplexe Fälle geschuldet.
Sorgen bereitet die Entwicklung im Bereich der Zusatzversicherungen. Ausgelöst durch Analysen der FINMA stehen die Krankenversicherer und damit auch die Spitäler unter Druck bei den Prämien bzw. Leistungen der Zusatzversicherungen, die in den Hoheitsbereich des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag VVG fallen. Im Fokus steht hier die Abgrenzung zu den Leistungen im KVG-Bereich und damit der Nachweis von Mehrleistungen. Wie andere Spitäler sieht sich auch das USZ per Ende 2020 mit erfolgten oder in Aussicht gestellten Kündigungen bei den VVG-Verträgen konfrontiert.
Parallel zu den Herausforderungen bei den Tarifen fanden auf Ebene Bund Vernehmlassungen zu verschiedenen geplanten Regulierungen statt. Dazu gehören die angestrebten Revisionen bei der Verordnung über die Krankenversicherung KVV sowie das Massnahmenpaket 2 zur Kostendämpfung. Beide Vorhaben würden den finanziellen Druck auf die Leistungserbringer deutlich erhöhen und damit die qualitativ hochstehende und gut zugängliche medizinische Versorgung gefährden.
Trend hin zu ambulanten Leistungen
Im Gegensatz zum stationären Bereich war im ambulanten Bereich im Berichtsjahr ein deutlich geringerer Rückgang zum Vorjahr zu verzeichnen. Bei den ambulant verrechneten Taxpunkten beträgt der Rückgang gegenüber dem Vorjahr 3.2%. Der ambulante Ertrag lag insgesamt per Ende 2020 kumuliert lediglich um –1.2% hinter dem Vorjahr. Die Bedürfnisse der Patient*innen einerseits und die Möglichkeiten medizinischer Behandlungen andererseits lassen zukünftig eine weitere Verschiebung von stationär zu ambulant erwarten. Dies gilt nicht nur für einfache Krankheitsbilder, sondern zunehmend auch für komplexe Diagnosen und Behandlungen. Das USZ kommt diesen Bedürfnissen mit der Eröffnung des ambulanten Gesundheitszentrums am Flughafen Zürich und der aktiven Förderung der ambulanten Behandlung entgegen. Damit das Potenzial der ambulanten Behandlungen jedoch vollständig ausgeschöpft werden kann, müssen sich die Rahmenbedingungen bei der Finanzierung ändern. Die heutigen ambulanten Tarife vermögen die Gestehungskosten in den Akutspitälern nicht zu decken. Damit aber eine weitergehende Verschiebung von stationär zu ambulant stattfinden kann, muss es auch für die Spitäler möglich sein, in diesem Bereich die Vollkosten zu decken und bei effizienter Betriebsführung einen Gewinn zu erwirtschaften, um die anstehenden Investitionen finanzieren zu können. Auch muss es künftig möglich sein, im ambulanten Bereich Zusatzversicherungserträge zu erwirtschaften. Das USZ setzt sich hier für neue Finanzierungsmodelle ein.
Nicht medizinische Leistungen
Neben den eigentlichen Versorgungsleistungen erbringt das USZ eine Vielzahl weiterer Leistungen im Auftrag des Kantons oder Dritter. Bei den Einnahmen für Leistungen an Mitarbeitende oder Dritte nahmen die Erträge aus den Bereichen Hotellerie, Kioske und Parkplätze stark ab, dagegen wurden mehr Labor-Dienstleistungen erbracht.
Im Auftrag des Kantons erbringt das USZ sogenannte gemeinwirtschaftliche Leistungen. Den grössten Anteil bilden Dienstleistungen im Bereich Forschung und Lehre zugunsten der Universität Zürich, gefolgt von der ärztlichen Weiterbildung im Auftrag der Gesundheitsdirektion Zürich. Im Bereich der Forschung und Lehre wurde der Beitrag im Jahr 2018 erstmals um CHF 15 Mio. aufgestockt. Dennoch ist dieser Bereich nach wie vor unterfinanziert. Gemeinsam mit dem Kanton erarbeitet das USZ zurzeit ein neues Finanzierungsmodell.Diese Kostenunterdeckung wird vom USZ mit Gewinnen im Bereich der zusatzversichertenPatient*innen finanziert.
Bei den übrigen Beiträgen des Kantons Zürich an das USZ standen im Berichtsjahr neben den gemeinwirtschaftlichen Beiträgen (GWL) insbesondere die Unterstützungszahlungen des Kantons aufgrund der Corona-Pandemie im Fokus. Der Kanton Zürich hat die finanziellen Unterstützungsmassnahmen in zwei Regierungsratsbeschlüssen definiert (RRB-0572 und RRB-1105). Der erste Beschluss deckte mit vier Massnahmen die Folgen der ersten COVID-19-Welle, der zweite Beschluss bezog sich auf die zweite Welle von Oktober bis Dezember 2020. Einige der Massnahmen bezogen sich lediglich auf eine Sicherstellung der kurzfristigen Liquidität. Davon musste das USZ keinen Gebrauch machen. Für das USZ relevant waren jedoch die beschlossenen À-fonds-perdu-Beiträge. Dabei werden dem USZ die Ertragsausfälle aus dem Jahr 2020 gegenüber den durchschnittlichen Erträgen aus den Jahren 2018 und 2019 ausgeglichen, allerdings nur im Bereich der KVG-Leistungen an Zürcher und ausserkantonale Patient*innen. Ertragsausfälle im Bereich der Zusatzversicherungen, der Selbstzahler, der ambulanten Leistungen sowie der übrigen Erträge wie zum Beispiel Hotellerie, Kioske oder Parkplätze, wurden nicht ausgeglichen. Der Kanton beteiligte sich an direkten Mehrkosten in Zusammenhang mit COVID-19, wobei wesentliche Kostenarten ausgeschlossen wurden (zum Beispiel Mehrkosten für Personal oder Sicherheit). Für die zweite Welle gab es einen Pauschalbetrag gemäss dem Anteil der IPS- und Normalbetten der Spitäler, die für die Versorgung von COVID-19-Patient*innen definiert wurden. Für sämtliche Massnahmen resultierte für das USZ ein Betrag von CHF 31.4 Mio. Der definitive Betrag wird bis Ende 2021 ermittelt.
Betriebsertrag
Insgesamt ging der Betriebsertrag um CHF 23.8 Mio. (–1.6%) auf CHF 1’451.3 Mio. zurück. Mit 56.5% (Vorjahr: 59.3%) bildeten die stationären Leistungen den mit Abstand grössten Anteil am Betriebsertrag gefolgt von 26.5% (Vorjahr: 26.4%) Umsatzanteil im ambulanten Bereich.