Jedes Jahr erkranken durchschnittlich 5’900 Frauen in der Schweiz an Brustkrebs, mehr als 1’400 Frauen sterben daran. Damit handelt es sich um die häufigste Krebserkrankung der Frauen und die zweithäufigste Todesursache durch Krebs. Ungefähr jede achte Frau wird im Laufe ihres Lebens mit der Diagnose Brustkrebs konfrontiert. Man geht heute davon aus, dass bessere Therapien und die Durchführung von Mammografien (Vorsorge) zur Reduktion der Sterblichkeit durch Brustkrebs beigetragen haben. In neueren wissenschaftlichen Studien wird der kombinierte Effekt aus qualitätskontrolliertem Mammografie-Screening und adjuvanter Therapie auf die Mortalität mit 37 Prozent angegeben¹.
b-box: Automatisierte Qualitätskontrolle und Effizienzsteigerung mit künstlicher Intelligenz
Die Effizienz eines Mammografie-Screenings ist unter anderem von der Bildqualität der Aufnahme abhängig. Zur Beurteilung der Bildqualität müssen die Mammografien durch Experten bezüglich zahlreicher Kriterien des sogenannten PGMI-Systems (perfekt – gut – moderat – insuffizient) evaluiert werden. Ausserhalb eines qualitätskontrollierten Screening-Programms wird häufig auf diese monotone und zeitaufwendige Arbeit verzichtet.
Ausserdem fällt die Sensitivität der Mammografie für den Nachweis von Brustkrebs bei dichtem Drüsengewebe stark ab, weswegen bei dieser sogenannten hohen Brustdichte eine zusätzliche Ultraschalluntersuchung der Brust durch Leitlinien empfohlen wird. Gerade in Screening-Programmen wird hierauf jedoch meistens verzichtet, da die Beurteilung der Brustdichte stark untersucherabhängig ist und es schwierig ist, einen effizienten Ablauf von Mammografie und gegebenenfalls Brustultraschalluntersuchung zu organisieren.
Am USZ wurde die Beurteilung der Bildqualität automatisiert und über Feedback-Meldungen optimiert. In dem Start-up b-rayZ AG, einem Spin-off des Instituts für diagnostische und interventionelle Radiologie des USZ, wurde eine Softwarelösung entwickelt, die basierend auf der neuesten Art von künstlicher Intelligenz, in sogenannten tiefen neuronalen Netzen, eine automatische Beurteilung der Mammografien durchführt. Das CE-zertifizierte Gerät befindet sich seit mehr als drei Jahren im praktischen Einsatz in der Radiologie am USZ.
Die b-box ist mit einem kleinen Touchscreen ausgestattet. Sie wird idealerweise direkt neben die Aufnahmekonsole des Mammografie-Geräts gestellt. Über den Bildschirm erhält die durchführende Radiologie-Fachperson direktes Feedback zur Aufnahmequalität und zur mammografischen Brustdichte. Sollte die Aufnahme von inadäquater Qualität sein, so erläutert die b-box, welche Kriterien zur schlechten Bewertung führten. Die Radiologie-Fachperson kann so beurteilen, ob eine erneute Aufnahme notwendig ist. Ausserdem wird durch das unmittelbare Feedback ein direkter Lerneffekt erreicht. Sollte eine hohe Brustdichte vorliegen, so kann die Radiologie-Fachperson ohne vorherige Rücksprache mit dem Radiologen/der Radiologin sofort eine 3D-Ultraschalluntersuchung (ABUS) der Brust ergänzen. Die b-box unterstützt die Radiologie-Fachpersonen dabei, adäquate Entscheidungen zu fällen.
Zusätzlich erlaubt ein webbasiertes Informationssystem, das sogenannte «Doctor’s view», Kennzahlen zu Brustdichte, Bildqualität, Kompression und Strahlendosis abzurufen. Durch dieses Dashboard werden einzelne oder systematische Fehler erkannt. So können zum Beispiel wiederkehrende Fehler bei der Mammografie-Aufnahme der durchführenden Radiologie-Fachperson zugeordnet werden und es kann eine Nachschulung veranlasst werden.
Die Resultate können in Qualitätszirkeln verglichen und es können Massnahmen daraus definiert werden, wie zum Beispiel spezifische Mitarbeiterschulungen bei immer wiederkehrenden Fehlern. So lässt sich die Sicherheit in der Bildakquisition steigern.
Die Arbeit in der Mammografie mit b-box ist heute zur Routine geworden.
Momentan befindet sich der erste Prototyp eines b-box-Moduls zur Detektion von Brustkrebs mittels künstlicher Intelligenz bei b-rayZ in Entwicklung. Ziel ist es, ein standardisiertes System für die Zweitmeinung zur Verfügung zu stellen, um die Anzahl unnötiger Biopsien durch falsch positive Befunde, aber auch die Anzahl falsch negativer Befunde zu reduzieren.