Berichte 2019

Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene 

Die Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene ist spezialisiert auf die ambulante und stationäre Abklärung und Behandlung von Patient*innen mit allen Arten von Infektionskrankheiten und Störungen der Immunabwehr. Zudem ist die Klinik engagiert in der Aus- und Weiterbildung von Student*innen sowie Ärzten und Ärztinnen.

Am USZ werden viele Patienten mit komplexen Krankheitsbildern behandelt. Mitunter werden Patientinnen und Patienten mit schwierigen infektiologischen Krankheiten durch das Personal der Klink für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene (Link: Infektionsüberwachung) mitbetreut (zum Beispiel komplizierte Harnwegsinfektionen, abdominale Infektionen, Infektionen bei Organtransplantierten, Co-Infektionen bei HIV-infizierten Personen, endovaskuläre Infektionen wie Graftinfektionen, Endokarditiden, Fremdkörper-assoziierte Knocheninfektionen, komplizierte Weichteilinfektionen, Infektionen mit multiresistenten Bakterien, Meningitiden und Septikämien). 

Outpatient Parenteral Antimicrobial Therapy (OPAT)

Die Alterung der Bevölkerung und die weltweit zunehmende Antibiotikaresistenz führen im Falle von schweren Infektionen oft zu verlängerten Episoden von intravenösen Antibiotikatherapien. Je nach Situation ist die intravenöse Antibiotikatherapie der einzige Grund für die weitere Hospitalisierung dieser Patienten. Nicht selten werden damit ihre Lebensqualität und das Rehabilitationspotenzial beeinträchtigt. Durch die verlängerte Hospitalisation steigt zudem das Risiko für nosokomiale Infektionen. 

Anfang 2019 hat die Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene unter dem Titel Outpatient Antimicrobial Parenteral Therapy (OPAT) ein Programm initiiert mit dem Ziel, die Behandlungs- und Lebensqualität von Patient*innen mit schweren Infektionen zu verbessern. Per Definition umfasst das Programm OPAT die Applikation von mindestens zwei Dosen eines intravenösen Antibiotikums in der Tagesklinik eines Spitals oder am Wohnort des Patienten. 

Die mehrmals tägliche Gabe von Antibiotika wurde ausserdem durch den Einsatz von elastomeren Pumpen vereinfacht. Voraussetzung für OPAT ist eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen dem Behandlungsteam und der Infektiologie, der spezialisierten OPAT-Pflege, der Kantonsapotheke und je nach Setting dem Hausarzt oder der Spitex. 

Es gibt drei verschiedene OPAT Therapiemodalitäten:

  • Hospital-OPAT: Die intravenöse Antibiotikagabe erfolgt in der Tagesklinik des Spitals. Der Patient wird täglich durch eine spezialisierte Pflegefachperson überwacht.  
  • Self-OPAT: Die intravenöse Antibiotikagabe erfolgt zu Hause durch den Patienten selbst nach vorgängiger Instruktion durch die Pflegefachperson. 
  1. Homecare-OPAT: Die intravenöse Antibiotikagabe erfolgt zu Hause durch die Spitex nach vorgängiger Organisation durch das OPAT-Team. 

Im Jahr 2020 wurden am USZ 71 Patienten (rund sechs Patient*innen/Monat) durch das OPAT-Team betreut, 43 (61%) Patient*innen in der Tagesklinik und 28 (39%) Patient*innen zu Hause.

Die häufigsten Infektionen, die durch das OPAT-Team betreut wurden, waren Harnwegsinfektionen (39%), kardiovaskuläre Infektionen (26.7%) und ORL-Infektionen (25,3%). Die am häufigsten verwendeten Antibiotika waren Ertapenem (20%), Piperacillin/Tazobactam (15%), Penicillin (13%) und Flucloxacillin (9.8%). 

Wie viele OPAT-Episoden in welchem Setting

Quelle: Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene, Prof. Dr. Dr. med. Annelies Zinkernagel, Klinikdirektorin, PD Dr. med. Barbara Hasse

Homecare-OPAT
Hospital-OPAT
Self-OPAT

Durch die vorzeitige Entlassung ins häusliche Umfeld berichten die Patienten von einer Verbesserung der Lebensqualität gemäss dem angepassten Short Form Questionnaire (SF-36) (Tabelle mit Antwortbeispielen). Ausserdem konnten pro Patient im Schnitt auf zwölf Spitaltage verzichtet werden.

Exemplarische Fragen aus dem modifizierter 36-Item Short Form Survey

Quelle: Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene, Prof. Dr. Dr. med. Annelies Zinkernagel, Klinikdirektorin, PD Dr. med. Barbara Hasse

Bejahende Antwort
Hatten Sie in den vergangenen 7 Tagen aufgrund seelischer Probleme irgendwelche Schwierigkeiten bei der Arbeit oder anderen alltäglichen Tätigkeiten im Beruf bzw. zu Hause? 1-2 Tage vor OPAT Tag 7-14 während OPAT
Ich konnte nicht so lange wie üblich tätig sein (Arbeit oder andere Tätigkeiten) 33% 26%
Ich habe weniger geschafft als ich wollte 33% 21%
Ich konnte nicht so sorgfältig wie üblich arbeiten 37.50% 21%

Für detaillierte Tabellenansicht

Bejahende Antwort
Wie sehr haben Ihre körperliche Gesundheit oder seelischen Probleme in den vergangenen 7 Tagen Ihre normalen Aktivitäten/Kontakte zu Familienangehörigen, Freunden, Nachbarn oder zum Bekanntenkreis beeinträchtigt? 1-2 Tage vor OPAT Tag 7-14 während OPAT
überhaupt nicht 4% 53%
etwas 25% 36.4%
mässig 15% 0%
ziemlich 21% 5.3%
sehr 25% 5.3%

Für detaillierte Tabellenansicht

Zusammenarbeit bei kardiovaskulären Infektionen im Endokarditis Board

Kardiovaskuläre Infektionen sind komplexe Erkrankungen mit einer schlechten Prognose und hohen Kostenfolgen. Trotz Verbesserungen in der medizinischen und chirurgischen Behandlung sind die Mortalität und die Reinfektionsraten hoch. Internationale Guidelines empfehlen deshalb einen multidisziplinären Teamansatz mit wöchentlichen Patientenbesprechungen (Endokarditis Board), um die Behandlung und die Nachkontrollen dieser komplexen Patientengruppe sicherzustellen. Am Board beteiligt sind die Behandlungsteams des jeweiligen Patienten sowie Kardiologen, Herzchirurgen, Infektiologen und Spezialisten der Herzbildgebung. Im Bedarfsfall wird je nach Problematik die Expertise von anderen Spezialdisziplinen hinzugezogen (Anästhesisten, Intensivmediziner, Chirurgen anderer Spezialdisziplinen, Neurologen, Pathologen, Mikrobiologie usw.). 

Das Endokarditis Board wurde im Mai 2016 am USZ eingeführt mit dem Ziel, alle am USZ hospitalisierten Patient*innen mit infektiösen Endokarditiden oder thorakalen Infektionen von Aortenprothesen zu besprechen. Vermehrt wurden in letzter Zeit auch extern hospitalisierte Patient*innen im Hinblick auf eine notwendige Verlegung ins USZ besprochen. 

Im Jahr 2020 wurden 113 Patient*innen in 191 Board-Diskussionen besprochen. Nach interdisziplinärer Besprechung konnte bei 26 Patient*innen (23%) die Verdachtsdiagnose einer kardiovaskulären Infektion verworfen werden. Von den 87 Patient*innen (medianes Alter 64 Jahre, Frauenanteil 18%) mit einer kardiovaskulären Infektion hatten 70 (80%) eine infektiöse Endokarditis (47 Nativklappe-Endokarditiden/22 Prothesenklappe-Endokarditiden/1 marantische Endokarditis), 6 (6.4%) eine Schrittmacher-assoziierte Infektion und 11 (12.6%) eine thorakale Infektion von Aortenprothesen. Eine chirurgische Intervention erfolgte bei 35 (40%) der Patient*innen. Die 30-Tages- und die 1-Jahres-Mortalität betrugen 9.2% beziehungsweise 14%, was unter dem international publizierten Durchschnitt liegt. Obwohl derzeit keine Langzeitdaten vorliegen, kann dies als Indikator für eine verbesserte Behandlungsqualität gewertet werden.

Das Endokarditis Board ist ein integraler Bestandteil der Behandlung von komplexen kardiovaskulären Infektionen und trägt zur Versorgungsqualität von Personen mit kardiovaskulären Infektionen bei.